Mobilitätswende à la Außenbezirk- Steglitz-Zehlendorf Fit und Mobil für die Zukunft machen

I. Ausgangslage

Mobilität ist für alle ein Grundbedürfnis und ihre Gewährleistung ist unsere politische Aufgabe. Sie bestimmt die Lebensqualität der Menschen wesentlich mit und ermöglicht die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Sie ist essenziell für unser Zusammenleben und die wirtschaftliche Entwicklung. Doch unser Verkehrssystem, geschaffen nach dem Leitbild der autogerechten Stadt, stößt an seine Grenzen und hat Entwicklungen in Gang gesetzt, die einer Korrektur bedürfen.

Der Berliner Straßenverkehr ist die Hauptursache für Lärm und Schadstoffbelastung und stellt tagsüber für rund 466.000 und nachts 591.000 Menschen eine potenzielle Gesundheitsgefährdung dar. Betroffen sind dabei vor allem diejenigen, die an Hauptstraßen wohnen, häufig zu günstigeren Mieten. Dank des Luftreinhalteplans und der darin beschriebenen Maßnahmen konnte das Problem der Stickstoffdioxidemissionen deutlich reduziert werden, gleichwohl bleibt der Kfz-Verkehr mit Abstand dessen größter Verursacher. Auch die Feinstaubbelastung konnte in diesem Zuge reduziert werden, summiert sich aber auch weiterhin an vielbefahrenen Straßen zu einer erheblichen Konzentration. Der Straßenverkehr ist nach dem Wohnsektor mit über 25 % der zweitgrößte Verursacher der Berliner CO₂-Gesamtemissionen und liegt heute, gemessen in absoluten Zahlen, sogar über dem Ausstoß von 1990. Die Zahl der Verkehrstoten erreichte 2024 mit 55 Personen leider den höchsten Stand seit 2016. Besonders auffällig dabei ist, dass davon 24 zu Fuß unterwegs waren und sich 27 der Verunglückten im Seniorenalter befanden. Die anhaltend hohen Unfallzahlen auf Berlins Straßen lassen erkennen, dass keine Strategie bisher erfolgreich war, die Zahl der Schwerverletzten und Getöteten im Straßenverkehr wirksam zu senken.

Mit diesen Gegebenheiten dürfen und können wir uns als Sozialdemokratie nicht abfinden! Ein Anfang wurde dabei bereits gemacht: Mit der Verabschiedung des Mobilitätsgesetzes 2018 hat sich Berlin deutschlandweit in eine Vorreiterrolle begeben. Die Idee, den Umweltverbund aus öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV), Fuß- und Radverkehr als Ganzes zu denken und voranzubringen wurde dabei maßgeblich von uns, der SPD Berlin, vorangetrieben. Damit haben wir die Grundlagen für ein effizientes und zukunftsgerechtes Mobilitätssystem gelegt, das Mobilität für alle garantieren, ein hohes Maß an Verkehrssicherheit bieten, seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten und Flächengerechtigkeit sicherstellen soll. Für uns als SPD steht dabei ganz klar fest: Gute Verkehrspolitik muss zu mehr Mobilität und darf nicht zu weniger Mobilität führen. Dabei ist es wichtig, möglichst allen Menschen die Nutzung des Umweltverbunds zu ermöglichen, wo immer diese Autofahrten ersetzen können. Die Planung und Realisierung der Mobilität und ihrer Infrastruktur muss für alle Verkehrsteilnehmer*innen gelten.

Mit der Veröffentlichung der Studie „Mobilität in Deutschland 2023“ wurden die neuesten Zahlen bzgl. des Mobilitätsverhaltens der Deutschen und auch der Berliner*innen publik und geben Aufschluss darüber, welche Entwicklungen sich seit 2018 vollzogen haben. Besonders augenfällig ist dabei die Veränderung des Modal Split, die Aufteilung der Wege auf die verschiedenen Verkehrsmittel: Entfielen 2018 noch 26% der Wege in Berlin auf den motorisierten Individualverkehr (MIV), waren es fünf Jahre später nur noch 22%. Umgekehrt verlief die Entwicklung auf dem Gehweg: 2023 wurden 34% der Wege zu Fuß erledigt und damit vier Prozent mehr als 2018. Der Anteil des Fahrrads stagniert dabei bei 18%, während der ÖPNV 2023 für 26% der Wege genutzt wurde und damit leicht verliert (2018: 27%), allerdings auch nach einem coronabedingt noch größeren Rückgang der Fahrgastzahlen. Diese Verläufe lassen sich im selben Maße auch in Steglitz-Zehlendorf beobachten. Hier spielt der MIV eine größere Rolle als im Gesamtberliner Durchschnitt, aber auch da ging innerhalb der fünf Jahre der Wert von 34% auf 30% zurück. Zu Fuß wurden nun nicht mehr 26%, sondern 31% der Wege zurückgelegt. Der ÖPNV hat etwas an Zulauf verloren (2018: 25%, 2023: 23%), das Fahrrad wird etwas häufiger genutzt (2018: 15%, 2023: 16%).

In Berlin und ebenso in unserem Bezirk sinkt die Bedeutung des MIV, während das Zufußgehen eine Renaissance erlebt. Diesem Prozess Ausdruck verleiht auch der Umstand, dass 2024 erstmals seit 2009 die Anzahl der in Berlin gemeldeten Pkw wieder gefallen ist und auch die Zahl an Neuzulassungen sinkt, in Zeiten stetigen Bevölkerungswachstums.

Die gegenwärtigen Entwicklungen belegen klar, dass sich die Mobilität der Berliner*innen wandelt und eine Neuausrichtung der Politik notwendig ist – um den Bedürfnissen der Bürger*innen gerecht zu werden und auch um die Stadt als Ganzes sozial, ökologisch nachhaltig, wirtschaftlich stark und damit insgesamt attraktiv zu halten. Ein zukunftsgerechtes Mobilitätssystem als Teil der Daseinsvorsorge muss im Politikkanon der Zukunft eine größere Bedeutung erlangen, dem wollen wir als SPD auf allen Ebenen gerecht werden.

II. Die Außenbezirke im Zentrum – Steglitz-Zehlendorfs zukünftige Mobilität

Steglitz-Zehlendorf liegt zwar außerhalb des S-Bahn-Rings, ist jedoch als bedeutender Bildungs-, Forschungs- und Erholungsstandort sowie als zentraler Knotenpunkt für Pendel- und Durchgangsverkehre keineswegs ein Randbezirk, sondern ein wesentlicher Teil des Berliner Stadt- und Mobilitätsgefüges. Mit dem Wachstum in Potsdam, Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf sowie neuen Wohngebieten in Lichterfelde Süd, dem von uns geforderten Wohnungsbau auf dem ehemaligen Tanklager Lankwitz und zahlreichen weiteren Nachverdichtungen steigt neben der Bedeutung unseres Bezirks auch der Druck auf den Straßen weiter an.

Unser Ansatz für Mobilität beginnt im Kiez und reicht in die ganze Stadt. Mit einem leistungsfähigen ÖPNV auf den kiezumgebenden Hauptstraßen, der auch für schnellen Anschluss an den Schienenverkehr sorgt, wird großräumige Mobilität ermöglicht. Sichere und gut ausgebaute Geh- und Radwege, sowie Kiez- und Rufbusse ermöglichen den komfortablen Zugang zum ÖPNV und sorgen für kiezübergreifende Verbindungen zum nächsten Orts- und Stadtteilzentrum. Auch das Auto wird klarerweise weiter eine Rolle in der Mobilität der Menschen spielen, gleichwohl wird es an Privilegien verlieren. Dazu gehört auch, dass es Platz macht für den notwendigen Wirtschafts-, Güter- und Dienstleistungsverkehr. Alle, die in Steglitz-Zehlendorf unterwegs sind oder den Bezirk durchqueren, sind auf ein verlässliches und resilientes Mobilitätssystem angewiesen.

Für die SPD ist eindeutig: Das Rückgrat eines modernen Mobilitätssystems kann nur der ÖPNV bilden. Ein sicherer, bezahlbarer, barrierefreier, pünktlicher und digital vernetzter ÖPNV, der allen Menschen – unabhängig von Einkommen, Alter oder körperlicher Verfassung – verlässliche Mobilität garantiert. Es geht dabei um leistungsfähige Radialverbindungen zum und vom Zentrum, wie auch um gut ausgebaute Tangentialstrecken, die die Ortsteile innerhalb des Bezirks miteinander verbinden und zugleich an die Nachbarbezirke und -gemeinden anschließen. Kiezbusse und weitere alternative, öffentliche Beförderungsangebote sollen ebenso Gegenden, in denen ein herkömmlicher Linienbetrieb nicht umsetzbar ist, anbinden, wie auch mobilitätseingeschränkten Menschen einen erleichterten Zugang zum ÖPNV bieten.

Einige wichtige Projekte, für die die SPD lange gekämpft hat, sind dabei bereits in Planung oder Vorbereitung: die U3-Verlängerung in Richtung Mexikoplatz, der Wiederaufbau der Stammbahn als Regionalbahn und die S-Bahn-Verlängerung von Teltow in Richtung Stahnsdorf, der Bau des S-Bahnhofs Kamenzer Damm, sowie der Ausbau des S-Bahnhofs Buckower Chaussee in Tempelhof-Schöneberg zum Regionalbahnhof.

Diese Vorhaben, mit deren Realisierung in den 2030er Jahren zu rechnen ist, sind wichtig, unserem politischen Anspruch einer Mobilitätswende kann dies jedoch nicht genügen. Eine wachsende Stadt, deren Mobilitätssystem auf den Umweltverbund setzt, braucht Ideen und Konzepte, die auch dem Berlin von übermorgen gerecht werden. Daraus leiten wir als SPD mehrere ÖPNV-Schlüsselprojekte ab, die in Steglitz-Zehlendorf konsequent umgesetzt werden müssen, um diesem Ziel gerecht zu werden:

  1. U9-Verlängerung bis Lankwitz Kirche und darüber hinaus:

Die Wegebeziehung Rathaus Steglitz – Lankwitz Kirche wird gegenwärtig durch mehrere Buslinien im engen Takt bedient. Der Weiterbau der U9 würde Kapazitäten im Busverkehr freisetzen und böte neben den Einwohner*innen in Lankwitz auch den Einwohner*innen in Lichterfelde Süd eine Schnellverbindung Richtung City West. Eine Weiterführung in Richtung Marienfelde würde weitere Teile von Lankwitz an die Schiene anschließen und die Großwohnsiedlung Waldsassener Straße besser anbinden.

  1. U3-Verlängerung bis Düppel-Kleinmachnow:

Mit der Inbetriebnahme der Stammbahn erhält Düppel-Kleinmachnow wieder einen Schienenanschluss. In diesem Zuge sollte auch die U3 bis dorthin verlängert werden, um den Pendelverkehr auf der Straße weiter zu minimieren. Ebenso kann mit einem Zwischenhalt südlich der Potsdamer Chaussee ein direkter Anschluss der nachzuverdichtenden Wohnsiedlung erreicht werden. Dieses Vorhaben muss beim Bau des Regionalbahnhofs berücksichtigt und darf nicht verbaut werden.

  1. Straßenbahnnetz Südwest:

Die Hauptstraßen in Steglitz-Zehlendorf werden derzeit überwiegend durch Busse bedient, die schon heute regelmäßig überfüllt sind und damit ihre Kapazitätsgrenzen erreichen. Angesichts des weiterwachsenden Verkehrsaufkommens und neuer Wohngebiete ist absehbar, dass sich diese Situation künftig noch verschärfen wird. Um eine leistungsfähige und verlässliche Anbindung sicherzustellen, ist zu prüfen, inwieweit die stark frequentierten Buslinien durch ein modernes Straßenbahnsystem ersetzt werden können, das den Bezirk ergänzend zu den U- und S-Bahn-Linien in seiner Länge und Breite erschließt und mit dem übrigen Berliner Netz vernetzt ist.

  1. Bessere Anbindung des Campus Benjamin Franklin:

Mit der Weiterentwicklung ihres Campus in Lichterfelde West steigert die Charité die Bedeutung dieses Gesundheits- und Ausbildungsstandortes. Die stadtweite Relevanz muss sich auch an ihrer öffentlichen Verkehrsanbindung widerspiegeln, die über die jetzige Busverbindung hinausgeht. Die Option einer U-Bahn-Anbindung sollte dabei bedacht werden.

  1. Neue Schnellverbindung zwischen den Außenbezirken:

Der jetzige S-Bahn-Ring ist Resultat vorausschauenden Denkens gewesen. Berlin ist seitdem geographisch und demographisch gewachsen und käme heute nicht ohne ihn aus. Langfristig sind die Potenziale für eine weitere leistungsfähige Querverbindung zwischen den Außenbezirken auszuloten, um das ÖPNV-Netz als Ganzes resilienter zu gestalten.

Dem Gehweg gebührt eine zentrale Rolle in unserer Gestaltung der Straßen. Jeder Mensch nutzt ihn, zur reinen Fortbewegung, als Aufenthalts- und Begegnungsort.

  1. Gehwege müssen sicher, barrierefrei und breit genug sein, damit sie ihre verkehrliche, vor allen Dingen aber soziale Funktion erfüllen können.
  2. Ausreichende Begrünung, Sitzgelegenheiten und Beleuchtung sind wichtige Standards, die den öffentlichen Raum attraktiv machen und elementar für unsere Geschäftsstraßen sind.
  3. Sichere Wege für Senior*innen und Schüler*innen: In unserem älter werdenden Bezirk, in dem gleichzeitig auch viele Kinder und Jugendliche mit ihren Familien leben sind sie die vulnerabelsten Verkehrsteilnehmer*innen, deren Sicherheit an vorderster Stelle stehen muss.
  4. Gehwege, Übergänge und Kreuzungen müssen eine selbstständige Mobilität fördern und maximale Sicherheit bieten. Dafür muss die Absenkung von Bordsteinen an Kreuzungen und Querungen, sowie die ebene Beschaffenheit von Gehwegen bei geplanten Baumaßnahmen im Straßenland und durch eine Großinitiative des Bezirks umgesetzt werden.

Das Fahrrad hat ein großes Potenzial, wenngleich nicht alle Menschen es nutzen können oder wollen. Es kann aber nicht ausgeschöpft werden, solange es an adäquater, sicherer Radinfrastruktur fehlt.

  1. Mit durchgängigen, breiten und baulich getrennten Radverkehrsanlagen an Hauptstraßen, einem Netz an Fahrradstraßen, sowie weiterer Routen, die Schulen, Kitas, Hochschulen, Orte der Nahversorgung und weitere wichtige Alltagsziele direkt miteinander verbinden müssen wir die Menschen in die Lage versetzen, sicher und komfortabel das Fahrrad zu nutzen. Dazu gehört es auch Kreuzungsbereiche in diesem Sinne umzubauen.
  1. Mit dem zunehmenden Bedeutungszugewinn von E-Bikes und Pedelecs eröffnet sich zudem die Möglichkeit, auch längere Wege ohne Auto zurückzulegen, welche wir nutzen müssen. Die geplanten Radschnellverbindungen in unserem Bezirk sind in diesem Zusammenhang ein geeignetes Projekt, sofern sie nicht zu Lasten von Grünflächen und Zufußgehenden gehen.
  2. Mit Jelbi zeigt die BVG wie eine praktische Kombination von Leihfahrzeugen und ÖPNV erfolgreich gelingen kann, nun muss auch die Verknüpfung von Rad und ÖPNV stärker als bisher forciert werden, indem ausreichend sichere, gut erreichbare und wettergeschützte Abstellanlagen und Fahrradparkhäuser entstehen.

All dafür wird öffentlicher Raum umverteilt werden müssen, der heute noch zu großen Teilen von fahrenden und stehenden Autos besetzt wird. Gleichwohl wird auch das Auto weiter Bestandteil unseres Mobilitätssystems bleiben, wenn auch in neuer Adaption, die stärker auf Nachhaltigkeit und Effizienz ausgerichtet ist.

  1. Die notwendige Elektrifizierung des Kfz-Verkehrs erfordert Ladeinfrastruktur, im öffentlichen, vor allem aber im halböffentlichen Raum.
  1. Anstelle einer Vielzahl privater Pkw kann durch eine deutlich geringere Zahl an Sharing-Fahrzeugen eine bedarfsgerechte und zugleich bessere Automobilität erreicht werden. Dieses Angebot muss flächendeckend im gesamten Stadtgebiet und darüber hinaus verfügbar sein.
  2. Im Kiez wiederum können Parktürme und stationäres Carsharing den Autoverkehr gezielt bündeln und zugleich wertvollen öffentlichen Raum für bessere Nutzungen freigeben.

Unsere Politik und Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, ein solches Mobilitätssystem Wirklichkeit werden zu lassen, um Steglitz-Zehlendorf fit und mobil für die Zukunft zu machen. Indessen steht Berlin aber auch vor der großen Aufgabe, die Funktionsfähigkeit seiner Infrastruktur zu bewahren, denn eine unübersehbare Tatsache, die wir feststellen müssen, ist: Unsere Verkehrsinfrastruktur zehrt an der Substanz. Marode Brücken und defekte Bahn-Stellwerke gehören mittlerweile zu den täglichen Schlagzeilen und Ärgernissen und ziehen Stau und Verspätungen nach sich. Gerade der ÖPNV ist gegenwärtig nicht auf der Höhe wie wir ihn brauchen, geschweige denn da, wo wir ihn haben wollen und in Zukunft brauchen. Verantwortlich dafür sind politische Unterlassungen der Vergangenheit wie auch der Gegenwart. Vorrang hat nun, die versäumten Instandhaltungs- und Ersatzinvestitionen nachzuholen und damit die Basis für Aus- und Neubauten zu schaffen.

III. Städtische Mobilitätswende voranbringen durch politische Maßnahmen des Bundes

Die neue Bundesregierung hat sich die Modernisierung des Landes vorgenommen. Mit erheblichen Finanzmitteln soll in die Verkehrsinfrastruktur investiert und die Mobilität der Menschen verbessert werden.

Wir fordern aktuell von der Bundespolitik:

  1. Schnelle Umsetzung des angekündigten „Modernisierungspakt ÖPNV“:

Die Bundesregierung will die Anzahl der ÖPNV-Fahrgäste bis 2030 verdoppeln. Entscheidend für die Verkehrsleistung auf der Schiene in den Ländern sind die Regionalisierungsmittel des Bundes. Diese müssen erhöht und in dem Maße dynamisiert steigen, dass das Ziel für 2030 erreicht werden kann.

  1. Reform des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG):

Das GVFG ist eines der wichtigsten Finanzierungsinstrumente für den Ausbau des ÖPNV in Städten. Um mehr Projekte schneller realisieren zu können braucht es neben der Vereinfachung und Lockerung der Nutzen-Kosten-Untersuchung und höheren Förderanteilen auch die Möglichkeit, räumlich verzahnte, jedoch funktional unabhängige Verkehrsprojekte als ein in sich schlüssiges, integriertes Mobilitätskonzept fördern zu lassen.

  1. Verantwortung für das Deutschlandticket wahrnehmen:

Das Deutschlandticket ist ein Erfolgsmodell und hat in Berlin überproportional viele Nutzer*innen, das Fortbestehen des Tickets muss auch weiter garantiert sein. Der Bund muss an dieser Stelle seiner Verantwortung nachkommen und eventuelle Mehrkosten für die Verkehrsunternehmen übernehmen. Ticketpreissteigerungen dürfen keine Option sein, vielmehr ist der Ticketpreis wieder zu senken. Ferner ist der Bund dazu angehalten, einheitliche Tarifsysteme für Studierende, Azubis und Senior*innen im Deutschlandtickettarif zu vereinbaren.

  1. Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit:

Die letzte StVO-Reform hat Verbesserungen hinsichtlich der Einrichtung von Tempo 30-Abschnitten mit sich gebracht, gehen jedoch nicht weit genug. Tempo 30 soll als neue Regelgeschwindigkeit innerorts festgesetzt, Tempo 50 hingegen in zu begründenden Ausnahmefällen ermöglicht werden. Mit der Umkehrung der bisherigen Rechtslage muss so nun argumentiert werden, inwiefern ein höheres Maß an Lärm und Unsicherheit vertretbar ist. Mindestens jedoch ist den Kommunen eine eigenständigere und flexiblere Handhabe bei der Einrichtung von Tempo 30-Zonen zu ermöglichen.

IV. Mobilitätswende voranbringen durch politische Maßnahmen des Landes Berlin

Mit dem Mobilitätsgesetz hat Berlin einen Anfang gemacht, das Schritttempo der Umsetzung muss allerdings deutlich erhöht werden.

Wir fordern aktuell von der Landespolitik:

  1. Verwendung des Sondervermögens Infrastruktur für ÖPNV und Brücken:

Das Sondervermögen Infrastruktur des Bundes ist wichtig, um unterlassene Investitionen nachzuholen. Berlin hat im Bereich der Sanierung und Modernisierung des ÖPNV und von Brücken einen großen Handlungsbedarf, weshalb diese prioritär aus dem Berliner Anteil des Sondervermögens finanziert werden sollen. Straßenneubau soll nicht aus diesem Topf finanziert werden.

  1. StVO-Reform nutzen, ÖPNV beschleunigen:

Mit der novellierten StVO wurde die Einrichtung von Busspuren und anderweitige Maßnahmen zur Beschleunigung des ÖPNV erleichtert. Bisher ist eine Verweigerungshaltung der Senatsverwaltung in dieser Angelegenheit festzustellen, wobei dies eine einfache und schnelle Abhilfe wäre, den ÖPNV zuverlässiger und damit attraktiver zu gestalten. Die von der BVG erarbeiteten Vorschläge dazu sollen daher umgesetzt werden.

  1. Zukunftsgerichteter ÖPNV durch automatisiertes Fahren:

Linienausweitungen und Taktverdichtungen sind dringend notwendig, doch schon heute fehlt es an ausreichend Fahrpersonal, um diese umzusetzen. Daher ist es wichtig, dass die BVG das Thema automatisiertes und autonomes Fahren  und dessen Weiterentwicklung konsequent vorantreibt. Hierfür ist v.a. die Umrüstung der Infrastruktur, sowie die Berücksichtigung bei zukünftigen Bauvorhaben notwendig, um perspektivisch automatisiertes Fahren in U-Bahn, Straßenbahn und Bus zu ermöglichen. Ziel ist es, durch den Einsatz moderner Technologien die Taktung zu verdichten, den Personalmangel abzufedern und neue, flexible Mobilitätsangebote zu schaffen.

  1. „Schneller-Mobil-Gesetz“:

Mit dem Schneller-Bauen-Gesetz hat die SPD effektive Maßnahmen getroffen, um die Schaffung von Wohnraum in Berlin deutlich zu erleichtern und zu beschleunigen. Eine ähnliche Initiative mit einer Vereinfachung von Prozessen braucht es auch für den Ausbau des ÖPNV und von Radinfrastruktur, damit den Menschen Mobilitätsangebote schneller zur Verfügung stehen.

  1. Angemessene Parkgebühren:

Das Anwohnendenparken in Berlin ist deutlich zu preiswert. Es deckt weder die entstehenden Verwaltungskosten, noch spiegelt es den Wert des öffentlichen Raums angemessen wider, noch erfüllt es seine Funktion als Lenkungsinstrument. Wir unterstützen daher eine deutliche Erhöhung der Gebühren auf mindestens 20€/Monat. Ergänzend soll die Größe des Fahrzeugs in der Gesamtgebühr berücksichtigt werden. Eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftungszonen ist ebenso unverzichtbar wie die rechtliche Grundlage und Nutzung neuer Formen der Parkraumkontrolle u.a. Scan-Cars.

  1. Unfallkommission stärken:

Der Umbau unfallträchtiger Straßen und Kreuzungen sowie die Umsetzung weiterer verkehrssichernder Maßnahmen gehen kaum voran. Empfehlungen der Unfallkommission müssen schneller auf die Straßen gebracht werden und die Kooperation mit den Bezirken verbessert werden, denn die Sicherheit der Menschen muss an erster Stelle stehen.

  1. Sharing-Angebote mindestens bis an den Stadtrand:

In Berlin sind viele Unternehmen aktiv, die Leihfahrzeuge jeglicher Art anbieten, meist jedoch nur in zentralen Bereichen der Stadt. Im Bereich des Free-Floating-Carsharing kann der Senat keine Vorgaben machen, daher muss er Anreize schaffen, um Anbieter zur Ausweitung ihrer Geschäftsgebiete zu bewegen, beispielsweise durch reduzierte Parkgebühren. Beim stationsgebundenen Carsharing ebenso wie bei E-Scootern hat der Senat die nötigen Steuerungsmöglichkeiten und sollte diese konsequent nutzen, ebenso wie bei der Kooperation der Unternehmen mit Jelbi. Eine Einbindung von angrenzenden Brandenburger Gemeinden ist zu prüfen. Damit einhergeht die zwingende Schaffung von Abstellflächen, die den Fußverkehr nicht behindern.

  1. Öffentliches Leihradsystem auch in den Außenbezirken:

Die Senatsverwaltung hat Verträge für das bisherige öffentliche Leihradsystem ersatzlos auslaufen lassen mit der Folge, dass dieses Angebot nunmehr in den zentraleren Bereichen der Stadt zu finden ist. Eine Neuauflage eines solchen Systems samt einer stadtweiten Abdeckung müssen dringend erfolgen.

  1. Umgestaltung des Breitenbachplatzes als stadtweites Beispiel:

Der beschlossene Rückbau der Autobahnbrücken über dem Breitenbachplatz ermöglicht die freiwerdenden Flächen als Grünanlagen, Wohnraum und Begegnungsorte umzunutzen und damit eine deutliche Steigerung der Lebensqualität. Während der Rückbau so zügig wie nur möglich vonstattengehen soll, sind die zuständigen Senatsverwaltungen dazu angehalten, gemeinsam mit den angrenzenden Bezirken und den Anlieger*innen vor Ort in Gespräche zu gehen, wie dieser Ort umgestaltet werden kann. Die bisher gefassten Beschlüsse der KDV sind als Grundlage anzusehen.

  1. Stärkung der Bezirksämter:

Die Realität in den Straßenämtern der Bezirke ist oft die, dass wichtige Stellen nicht besetzt werden können, Maßnahmen für Rad- und Fußverkehr, sowie für Schulwegsicherheit ziehen sich damit lange hin oder bleiben auf der Strecke. Häufiger Grund für die Nichtbesetzung dieser Stellen ist die niedrige Besoldung, Land und Bezirk haben daher für verbesserte Bedingungen auf Bezirksebene zu sorgen.

V. Mobilitätswende im Bezirk einfordern

In Steglitz-Zehlendorf ist es die SPD, die aktiv und glaubwürdig für die Verbesserung der Situation von Zufußgehenden und Radfahrenden eintritt. Vor allem für die Schulwegsicherheit machen wir uns stark. Durch unseren Austausch mit Bürger*inneninitiativen und Interessensgemeinschaften möchten wir Dialog und Verständnis fördern.

Wir fordern in der Bezirkspolitik:

  1. Schulwege sichern, Kinder schützen:

Das Bezirksamt muss mithilfe der Erfahrungen anderer Bezirke mit Schulstraßen und -zonen mutig vorangehen und diese Projekte auch in unserem Bezirk implementieren.

  1. Radverkehr auf Kopfsteinpflaster:

Steglitz-Zehlendorf hat viele Straßen mit Kopfsteinpflaster, welches vor allem für den Radverkehr ein Störfaktor ist. Statt dem bloßen (partiellen) Asphaltieren der Fahrbahn soll verstärkt die Technik das Abfräsens der Kopfsteinpflaster eingesetzt und Straßen im Radvorrang- und Nebenroutennetz prioritär behandelt werden.

  1. Baustellenkoordinierung einrichten:

In Steglitz-Zehlendorf werden im öffentlichen Straßenland momentan viele Sanierungsarbeiten ausgeführt. Diese sind unabdingbar, um unsere Stadt am Laufen zu halten, führen jedoch auch zu Verkehrsbehinderungen. Zudem ist oft auch eine fehlende Koordination festzustellen. Daher braucht es eine bezirkliche Baustellenkoordinierung, die die verschiedenen Bauaktivitäten auf Landesebene, bezirklicher Ebene sowie von (landeseigenen) Unternehmen effektiv koordiniert, um die Beeinträchtigungen für die Bürger*innen zu minimieren.

  1. Lieferzonen einrichten:

Mit dem Leitfaden für Lieferflächen ermöglicht die Senatsverwaltung die geordnete und bedarfsgerechte Einrichtung von Lieferflächen für den Wirtschaftsverkehr. Dem muss das Bezirksamt zügig nachkommen, um den Lieferverkehr besser zu koordinieren und um die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

  1. Stationsgebundenes Carsharing fördern:

Stationsgebundenes Carsharing wird durch Sondernutzungserlaubnisse ermöglicht, die der Bezirk erteilen muss. Hier können klare Vorgaben etwa zur Gebietsausweitung, zu Ladeinfrastruktur und zur Fahrzeuganzahl gemacht werden. Dem soll der Bezirk verstärkt nachgehen und Bedarfe für die einzelnen Kieze ermitteln.

  1. Interessen Steglitz-Zehlendorfs im Nahverkehrsplan verankern:

Wie skizziert ist ein flächendeckender Ausbau des ÖPNV in Steglitz-Zehlendorf nötig. Damit Maßnahmen umgesetzt werden können, müssen sie im Nahverkehrsplan des Landes verankert sein. Das Bezirksamt, das in die Erstellung des nächsten Plans einbezogen wird, muss sich daher entschlossen und parteiübergreifend für die Aufnahme und Priorisierung von ÖPNV-Projekten in Steglitz-Zehlendorf einsetzen.

  1. Barrierefreie Bushaltestellen:

Unser Bezirk wird durchzogen von mehreren Buslinien, doch nur die wenigsten der Haltestellen sind barrierefrei. Als Straßenbaulastträger muss der Bezirk seine Anstrengungen für deren barrierefreien Ausbau verstärken. Dazu zählt auch der vermehrte Bau von Kaphaltestellen, an die der Bus nahtlos heranfahren kann.

  1. Verstärkter Einsatz von E-Bussen:

Mit der Entstehung des nahegelegenen E-Busbetriebshofs in Tempelhof-Schöneberg muss und wird sich der Einsatz von E-Bussen im Bezirk erhöhen. Das Bezirksamt soll gestaltend mitwirken, indem es an Endhaltestellen bezirksverwaltete Flächen für Ladeinfrastruktur vereinfacht zur Verfügung stellt.

  1. Bezirkliche Initiative zur Entschärfung von Unfallschwerpunkten:

Zusätzlich zu den zu verstärkenden Maßnahmen der Unfallkommission auf Landesebene muss auch der Bezirk seine Verantwortung wahrnehmen und identifizierte Unfallschwerpunkte mit geeigneten Maßnahmen entschärfen.

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